Ein wilder Ritt durch die Genres

Die Theatergruppe des SC Grün-Weiß Großenvörde begeisterte am vergangenen Wochenende wieder einmal die Zuschauer, die in den Saal des Gasthauses Hartmann nach Warmsen gekommen waren. Die Premiere des Stückes „Deuernanner mit´n Internet“ von Andreas Weinig – ins plattdeutsche übersetzt von Heino Buerhoop, das im Original „Dat CHATzchen un de INTERNEte“ heißt, bot dabei einen wilden Ritt durch diverse Theatergenres, so dass das kurzweilige Stück kaum Luft zum Atmen ließ. Regisseur Friedhelm Siemann versprach – vor nicht ganz ausverkauftem Haus – in den einleitenden Worten, dass es dieses Mal nicht „ümme dän Knecht gaht, de an Enne de Maged affkricht“ und er sollte Recht behalten. Das Stück ist in der heutigen Zeit angelegt und es geht um das „Tinder-Zeitalter“ mit seinen Auswüchsen in der Beziehungsfindung. Dabei haben die Großenvörder die Inszenierung so angelegt, dass auf der Bühne ein Reigen wechselhafter Verstrickungen zu sehen ist. Es beginnt als harmlose Beziehungskomödie mit Internettouch á la „Email an Dich“. Lena Weßling als Nikoletta von Thalbach und Maike Walther als Babsi Krause beherrschen die Bühne in der Anfangsszene allein und drücken dem Stück ihren Stempel auf. Während Nicki das Netz nach verwertbaren Junggesellen durchsucht, wird auch – im Stile eines Familiendramas – schnell deutlich: Babsi kompensiert traumatische Erlebnisse aus der Jugend mit reichhaltigem „Männerkonsum“ und lässt die Herren nach ihrer Pfeife tanzen – warum, das wird spätestens klar, als ihr nichtsnutziger Vater Gilbert alias Georg Buschhorn die Bühne betritt. Der Filou ist nämlich für alles zu haben, was moralisch zweifelhaft ist, ob Heiratsschwindel oder Affäre, dem Manne ist nichts fremd. Durch Nikolettas Mutter Gloria (gespielt von Karola Wehking) und deren Kuppelfreundin Griselda Eyring von Helmstedt (dargeboten von Christa Reckweg) werden die Zuschauer dann kurz danach in die Adelswelt entführt und es weht ein Hauch von Rosamunde Pilchers Herzschmerz-Schmonzetten durch den Saal – naja, jedenfalls so ähnlich. Den absoluten Stilbruch liefert dann Andreas Kruse alias Giselpeter Eyring von Helmstedt, der im Mittelpunkt der Kuppelbemühungen steht und hier im Stück den klassischen Klamauk vertritt. Als dann Christoph Ötting als Tom und Manuel Barg als Axel und „Matratzenwunder von Großenvörde“ die Bühne betreten, wird das Stück zur klassischen Verwechslungskomödie, die kurzzeitig in ein Entführungsdrama abdriftet, um mit dem Auftritt von Lena Kruse als Polizeipraktikantin Marion Taff noch zum Krimi zu werden. Soweit zum verwirrenden Inhalt. Der rote Faden des Stücks sind die durchweg überzeugenden Darstellungen der Schauspieler, die das Optimum aus den Charakteren herausholen, hervorragende Bühnenpräsenz beweisen und so als Gesamt-Ensemble zu überzeugen wissen. Immer wieder stechen Einzelszenen mit prägenden Darbietungen hervor: Da sind beispielhaft die „Bowleszene“ mit dem herrlichen Andreas Kruse, die „Prügelszene“ mit den sehr energisch auftretenden Karola Wehking und Christa Reckweg oder die „Witzeszene“ mit den fesselnd vortragenden Lena Weßling und Maike Walther zu nennen. Dazu eine mehr als liebevolle Inszenierung, die die Handlung mit flotten Sprüchen vorantreibt und durch Details in Bühnenbild und Dramaturgie das Tempo durchgehend hochhält. Maßgeblichen Anteil an dem unterhaltsamen Gesamtauftritt hat das Team hinter der Bühne (Lisa Mußmann und Angela Brüggemann, Maske; Margret Heineking, Spielbetreuung; Wolfgang Könemann, Bühnenbild; Gerhard Reckweg, Mann für alles; Marlene Kogler und Heinz Thiermann, Souffleure). Unter dem Strich bleibt ein mehr als vergnüglicher Theaterabend in gemütlicher Atmosphäre mit netten Menschen.

Das war aber ja nur der Auftakt zum Großenvörder Theaterwinter. Für die weiteren 6 Vorstellungen sind noch einige Karten vorhanden, die nach wie vor werktags im Dorfgemeinschaftshaus in Großenvörde von Montag bis Freitag zwischen 17 und 19 Uhr erworben werden können.

Fotos sind hier zu sehen.