Großenvörde 67, 31606 Warmsen

Traditionen

Freibad Großenvörde – Geschichte und Geschichten

Die Freibadkultur hat in Großenvörde eine lange Geschichte. Bereits in den frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts schufen sich die Einwohner selbst die erste technisch gestaltete Badestelle weit und breit – durch den Stau des Baches im Kuhfört im Ortsteil Wegerden. Von Anfang an war der Dorfschullehrer Kurt Süssengut die treibende Kraft hinter dem Projekt. 20 x 8 m betrug die Wasseroberfläche und in schweißtreibender Handarbeit bauten sich die Dorfbewohner so ihr eigenes Freibad. Dabei bedurfte es doch einiger Überzeugungsarbeit, aber der Einsatz war immens. So wird von Arbeitseinsätzen am Sonntag von 4 Uhr früh bis halb 10 am Abend berichtet mit einer halben Stunde Mittagspause. Lohn der Arbeit war die Eröffnung am letzten Juniwochenende 1932 und eine Identifikation des gesamten Dorfes mit „ihrem“ Freibad, die bis heute anhält.

Dass diese Eröffnung in eine Zeit fiel, in der in Deutschland - und sicher auch in Großenvörde - Ansichten Raum griffen, die einen „gesunden Volkskörper“ in den Mittelpunkt stellten und dieser auch in der Eröffnungsrede besprochen wurde und dass beim Schwimmfest 1933 schon eine Hakenkreuzfahne wehte, soll hier nicht verschwiegen werden. Das dort in den Vordergrund gestellte Gedankengut ist eindeutig zu verurteilen und zu verdammen, soll aber den innerörtlichen Gemeinschaftssinn, das Engagement und den Fleiß, die die Grundlage und Voraussetzung für die Errichtung bildeten, nicht schmälern.

Nach sieben Jahren Blütezeit mit Schwimmfesten, die der heutigen Beachparty keineswegs nachstanden, hatten die Naziverbrecher es auch geschafft, dieses Kleinod dem Tode zu weihen. Durch den verbrecherischen Krieg gab es weitaus größere Sorgen und Aufgaben, als das Freibad zu pflegen und zu erhalten und so verfiel es im Laufe des Krieges und danach.

Badebetrieb Kuhfört 

Schwimmfest Kuhfört

Zeitungsartikel Freibadtradition Großenvörde

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Als es dann mit Deutschland Dank neuer Verfassung und gefestigter Demokratie wieder aufwärts ging, kam Ende der 50er Jahre in Großenvörde auch der Gedanke an ein Freibad wieder auf. Wieder war der Lehrer Kurt Süssengut einer der maßgeblichen Antreiber und gemeinsam mit anderen Bewohnern, konnten sie die Gemeinde Großenvörde – seinerzeit noch eigenständig – überzeugen, einen Freibad-Neubau neben dem Gasthaus Bredemeier zu finanzieren. So entstand wiederum als erstes in der Umgebung ein Freibad, dass fortan Besuchende aus dem weitem Umland anzog. Heute noch hört man allenthalben aus den Nachbardörfern im Südkreis Nienburg und dem benachbarten Westfalen: „In Grotenvörde hebbt wie schwemmen liert“.

Die Einweihung 1960 erfolgte nach sehr kurzer Bauzeit von weniger als einem halben Jahr wiederum mit einem großen Schwimmfest und Wettkämpfen mit Neptuns Hilfe. Der seinerzeit errichtete Betonkörper bildet noch heute die Maße des jetzigen Schwimmerbeckens. Wo heute das 1-Meter-Brett steht, war es seinerzeit noch möglich, ein 1-Meter und ein 3-Meter Brett unterzubringen – heute aufgrund von Sicherheitsvorschriften undenkbar.

Schon die Fotos von der Eröffnung zeigen, dass das eisenhaltige Grundwasser der Umgebung die Beckenfüllung sehr rot/braun aussehen ließ, weshalb bereits im Jahre 1961 ein Filter eingebaut wurde.

Nachdem zu Beginn die Großenvörder die Aufsichten selbst stellten, wechselte die Badeaufsicht mit der Gebietsreform 1974 zu hauptamtlichen Kräfte, die bei der neu geschaffenen Samtgemeinde Uchte angestellt waren. Zunächst war es ein „ganz normales“ öffentliches Freibad, vollständig getragen von Gemeinde und später Samtgemeinde mit hauptamtlichen Angestellten. Es entwickelte sich weiter ein reges Freibadleben. Das benachbarte Gasthaus Bredemeier versorgte die Badegäste und das Dorfleben spielte sich im Sommer zum großen Teil im Freibad ab.

Im Laufe der 80er Jahre nahm die Samtgemeinde dann erste Versuche, das Bad an die Großenvörder komplett „loszuwerden“. In zahlreichen Gesprächen konnte klargestellt werden, dass Träger des Bades die Samtgemeinde ist und bleibt und die Ehrenamtlichen sich intensiv um Pflege und Erhaltung kümmern.

Postkarte ca. 1963

Neues Freibad

Kinder 1965

Neptun

Wettkampf

Planschbecken

Freibad 1999

40-Jahr Feier 2000

Nach neuen Anläufen der öffentlichen Hand, die auch für Schließungsdrohungen nicht halt machten, sammelten die Großenvörder 793 Unterschriften für den Erhalt und unterbreiteten ein Konzept zur Organisation von Aufsicht mit der DLRG und umfangreichen Eigenleistungen zur nachhaltigen Kostensenkung. So wurde die Schließung abgewendet.

Seit Anfang der 90er Jahre zog sich der öffentliche Träger dann auch aus der Personalgestellung zurück. Seit 1993 oder 1994 wird die Badeaufsicht von der DLRG Uchte koordiniert und zu großen Teilen auch gestellt. Im Laufe der Zeit engagieren sich immer mehr Großenvörder und stellen mittlerweile einen ebenfalls großen Teil der Aufsichtskräfte.

Seit dieser Zeit begleiteten die Großenvörder mit ihrer Kulturgemeinschaft und unter Anleitung der Schwimmsparte des SC Grün-Weiß Großenvörde alle Arbeiten rund um das „alte“ Freibad mit immenser Eigenleistung. Auch der beliebte Freibadkiosk als Treff für Jung und Alt wird seitdem aus dem Dorf betrieben. Großinvestitionen stemmte die Samtgemeinde in zwischenzeitlich guter und vertrauensvoller Zusammenarbeit, aber der Großteil der Arbeiten machten die Großenvörder selbst. Da waren auch grundsätzliche Umgestaltungen wie der Bau einer neuen Ringleitung, Integration eines neuen Filters, Grundsanierung des Sanitärtraktes oder gestalterische Maßnahmen dabei. Immer wieder steuerten die Bewohner auch erhebliche Eigenmittel bei oder trieben Spenden ein, um die öffentlichen Kassen zu entlasten.

Es zeigte sich aber im Verlaufe der 2000er Jahre mehr und mehr, dass das Bad mit der Zeit technisch „nicht mehr zu retten“ war. So unternahmen die freiwilligen Helferinnen und Helfer über viele Jahre lebenserhaltende Maßnahmen, um das Stück Lebensqualität für das Dorf und die Umgebung zu bewahren. Die Lebensqualität kosteten die Großenvörder und ihre Nachbarinnen weidlich aus und werden das auch in Zukunft tun. Das Freibad ist und bleibt im Sommer Mittelpunkt und Kristallisationspunkt der Identität des kleinen Ortes in der Gemeinde Warmsen.

Parallel arbeitete man mit der Samtgemeinde daran, dass eine grundlegende Sanierung möglich wird. Man ging gemeinsam in einige Sackgassen, aber erreichte schlussendlich das ersehnte Ziel mit dem Großprojekt der Dorferneuerung und der dauerhaften Sicherung dieses unverzichtbaren Freizeitangebotes.

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